Asylsuchende, Flüchtlinge oder Asylbewerber? Sensible Sprache im Einwanderungsland

Heute frisch mit der Post gekommen – das Glossar „Formulierungshilfen für die Berichterstattung im Einwanderungsland“ von den Neuen Deutschen Medienmachern. Dieses Glossar wird die AG Öffentlichkeitsarbeit in Zukunft zu Rate ziehen, wenn es darum geht,  im Blog zu texten, Pressemitteilungen zu schreiben oder auf Facebook zu posten. Denn Sprache schafft Bewusstsein – und als Netzwerk, das sich für ein Miteinander verschiedenster Menschen einsetzt, möchte Willkommen in Löbtau möglichst keine ausgrenzenden, beschönigenden oder unangebrachten Begriffe benutzen. Vieles hat sich in den allgemeinen Sprachgebrauch allerdings längst eingeschlichen, und wir merken gar nicht mehr, dass wir Begriffe benutzen, die nicht recht passen. Die Neuen Deutschen Medienmacher erklären, warum sie nicht passen, und schlagen Alternativen vor. Ein Beispiel aus dem Glossar – der Begriff „Asylbewerber“:

Asylbewerber

sind juristisch gesehen Personen, die einen Antrag auf Anerkennung als politisch Verfolgte gestellt haben, deren Verfahren beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge aber noch nicht abgeschlossen sind. Allerdings ist der Begriff »Asylbewerber« irreführend, weil ein Grundrecht auf Asyl besteht; Menschen bewerben sich aber nicht um Grundrechte, sie haben sie einfach. Alternative Begriffe: Asylsuchende, Geflüchtete oder Schutzsuchende.

(Quelle: neuemedienmacher.de, Stand 5.11.2015)

AutorInnen des Glossars sind die Neuen Deutschen Medienmacher. Dabei handelt es sich um einen bundesweiten Zusammenschluss von JournalistInnen mit und ohne Migrationshintergrund. Der Verein tritt für eine ausgewogene Berichterstattung ein, die das Einwanderungsland Deutschland adäquat und frei von Stereotypen widergibt.

Das Glossar und Begrifflichkeiten zu den Themen Asyl/Migration/Einwanderung sind Teil des Workshops Pressearbeit für Willkommensinitiativen, zu dem die AG Öffentlichkeitsarbeit VertreterInnen anderer Dresdner Netzwerke einlädt. Die Teilnehmenden erhalten ein gedrucktes Exemplar der Broschüre.

Das Glossar der Neuen Deutschen Medienmacher kann man gegen Spende bestellen, es ist auch online, als PDF und als App verfügbar:

http://www.neuemedienmacher.de/wissen/wording-glossar/

Willkommen in Löbtau bedankt sich bei den Neuen Deutschen Medienmachern für ihre wichtige Arbeit und die Unterstützung durch die Broschüren.

 

Weitere Beispiele aus dem Glossar:

Asylkritiker/Asylgegner

wären im eigentlichen Wortsinn eher Kritiker der Asylgesetzgebung, wie z.B. der Residenzpflicht für Geflüchtete. Tatsächlich sind Asylkritiker/Asylgegner oft Euphemismen für diejenigen, die sich rechtsextrem oder rassistisch gegen Geflüchtete äußern, und werden häufig als Selbstbezeichnung von Rechtsextremen benutzt. Da das Recht auf Asyl im Grundgesetz niedergeschrieben ist, kann dessen vollkommene Ablehnung als verfassungsfeindlich eingestuft werden. In der Berichterstattung können Menschen mit rechtsextremen Positionen als Rechtsextreme bezeichnet werden. Die Nachrichtenagentur dpa verwendet die Begriffe Asylkritiker/Asylgegner seit Juli 2015 nicht mehr, weil sie beschönigend sind.

 

Asylmissbrauch

ist ein politisches Schlagwort, das seit den 1980er Jahren vor allem dann verwendet wird, wenn es um eine Einschränkung des Asylrechts geht, ähnlich wie die Begriffe »Asyltourismus« oder »Sozialtourismus«. Gleichzeitig handelt es sich um einen Kampfbegriff von Rechtsextremen, die das Recht auf Asyl an sich infrage stellen wollen. Bereits 2001 wird im Zuwanderungsbericht des Bundesinnenministeriums gefordert, den Begriff nur im Zusammenhang mit Einzelfällen zu verwenden. Hinsichtlich der Begriffe Asylmissbrauch oder Sozialmissbrauch ist zu beachten: Ein Recht einzufordern bzw. zu beantragen, ist kein Missbrauch, selbst wenn das Begehren erfolglos bleibt. Missbräuchlich ist erst der Betrugsversuch.

 

Illegale Migranten

wird von der Bundesregierung und in den EU-Rechtsakten für Menschen verwendet, die ohne Genehmigung einreisen oder sich ohne gültige Papiere in einem Land aufhalten. »Illegale Migranten« wie auch nur der Begriff »Illegale« wird von Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen abgelehnt, da Illegalität mit Kriminalität assoziiert wird (eine verbreitete Parole lautet »Kein Mensch ist illegal!«). Auch die Nachrichtenagentur Associated Press (AP) hat beschlossen, den Terminus nicht mehr zu verwenden und mit dem Wort »Illegal« nur noch konkrete Handlungen zu beschreiben. Alternativ: illegalisierte Migranten. In Anlehnung an die Selbstbezeichnung von Migranten in Frankreich wird manchmal die Bezeichnung Sans Papiers, also papierlose Migranten verwendet. Vor allem in der Wissenschaft sind die Alternativen irreguläre Migranten oder undokumentierte Migration gängig.

(Quelle: neuemedienmacher.de, Stand 5.11.2015)